Nachhaltigkeit

In der Finanzierung der nachhaltigen Transformation kommt der Fondsbranche als bedeutende Kapitalsammelstelle eine Schlüsselrolle zu. Jedoch führt das Fehlen von Standards für Investitionen, die im Sinne der EU-Regulierung als nachhaltig gelten können, zu Unsicherheit im Markt. Die EU arbeitet hierfür an mehreren Projekten. Dazu gehören Überlegungen zu einem Klassifizierungssystem für nachhaltige Produkte und die Standardisierung der Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit. Für mehr Klarheit bei Fondsnamen mit Nachhaltigkeitsbezug sorgen neue ESMA-Leitlinien.

© iStock.com/Ruslan_Khismatov

Die EU möchte über die Lenkung der Kapitalströme erreichen, dass nachhaltige Wirtschaftsbereiche und Produktionsverfahren unterstützt werden. Ziel: Die EU-Wirtschaft soll bis 2050 klimaneutral sein. Der Fondsbranche als bedeutende Kapitalsammelstelle kommt damit eine Schlüsselrolle zu, die sie gerne wahrnimmt. Schon seit Jahren finanziert sie Projekte und Unternehmen, die nachhaltig aufgestellt sind. Bereits 2012 hat der BVI „Leitlinien für verantwortliches Investieren“ eingeführt.

Die EU-Gesetzgeber haben zwar eine Flut von Detailregelungen verabschiedet, aber bisher keine allgemein gültigen Definitionen dafür festgelegt, was ein nachhaltiges Produkt ausmacht. Die EU-Taxonomie und die Offenlegungsverordnung (SFDR) regeln bisher lediglich Transparenzpflichten. Der BVI unterstützt daher die Erwägungen der EU-Kommission, ein Klassifizierungssystem für nachhaltige Produkte einzuführen. Diskutiert wird unter anderem eine Produktkategorie für die nachhaltige Transformation. Damit wären Anleger in der Lage, Fonds, die in grüne Vermögenswerte investieren, von solchen zu unterscheiden, die den Übergang von braunen zu grünen Geschäftsmodellen unterstützen. Zudem könnte dies Diskussionen um Grünfärberei eindämmen.

Gegen potenzielle Grünfärberei hat die EU-Behörde ESMA im Mai 2024 Leitlinien für ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Zusätze in Fondsnamen veröffentlicht. Die Leitlinien sollen helfen, irreführende Fondsbezeichnungen zu verhindern. Für die Nutzung nachhaltigkeitsbezogener Wortbestandteile wie „ESG“, „nachhaltig“ und „Impact“ hat die ESMA eine Mindestschwelle von 80 Prozent der Investitionen festgelegt, die zur Erreichung ökologischer, sozialer oder nachhaltiger Merkmale bzw. Anlageziele dienen sollen. Die Leitlinien enthalten auch einheitliche Ausschlusskriterien für verschiedene Begriffe, die in Fondsnamen enthalten sind.

Ebenfalls ein wichtiger Schritt zu klareren Kriterien und zur Steigerung der Qualität nachhaltiger Anlageprodukte ist die Regulierung der ESG-Ratinganbieter. Im April 2024 hat das EU-Parlament die ESG-Rating-Verordnung verabschiedet. Danach unterliegen Anbieter von ESG-Ratings künftig der zentralen Zulassung und Aufsicht durch die ESMA. Ein zentraler Verhandlungspunkt war der Umgang mit internen ESG-Ratings, die von Fondsgesellschaften für Zwecke eigener Produkte und Dienstleistungen erstellt werden. Der Kompromiss sieht nun zusätzliche Offenlegungspflichten über die Methoden solcher interner ESG-Ratings vor, wenn sie im Rahmen von Werbung an Dritte kommuniziert werden.

Seit August 2022 müssen Anlageberater ihre Kunden zu deren Nachhaltigkeitspräferenzen befragen und passende Produkte anbieten. Dafür sind für Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen (gemäß Artikel 8 und 9 der SFDR) bestimmte Produkteigenschaften verpflichtend. Jedoch erschwert das Fehlen von Details und Standards die Beratung. Deshalb haben wir gemeinsam mit der Deutschen Kreditwirtschaft und dem Bundesverband strukturierter Wertpapiere BSW ein Zielmarktkonzept zur Nachhaltigkeit entwickelt, das dem deutschen Markt einen verlässlichen Mindeststandard bietet und in Europa bislang einmalig ist.

Trotzdem bleibt ein großer Auslegungsspielraum mangels eindeutiger Vorgaben des Regulators. Schwierigkeiten bereitet unter anderem die Bestimmung der Nachhaltigkeitsquoten auf Fondsebene, denn es fehlen verbindliche, einheitliche Berechnungsmethoden. Das kann dazu führen, dass Produkte, die eine ähnliche Investmentstrategie verfolgen, deutlich abweichende Anteile nachhaltiger Investitionen ausweisen. Dies erschwert das Verständnis beim Berater und Anleger und macht die Anlageberatung zur Nachhaltigkeit sehr komplex. Klare Standards und die Einführung von Produktkategorien zur Nachhaltigkeit können auch hier in Zukunft Abhilfe schaffen.

Ende des zweiten Quartals 2024 hielten deutsche Anleger 982 Mrd. Euro in Fonds gemäß Artikel 8 und 9 der EU-Offenlegungsverordnung. Rund drei Viertel davon entfielen auf Publikumsfonds.

Mehr zum Thema

Ausschluss für Rüstung soll fallen

Podcast Episode 47 vom 1. Oktober 2024

mehr
© Adobe Stock / OneClic

Ausschluss für Rüstung soll fallen

Warum das ESG-Zielmarktkonzept geändert wird und was das für die Fondsbranche und die Anleger bedeutet, erläutert Dr. Magdalena Kuper im Interview.

mehr
@ iStock / 473291366

Fokus Nachhaltig­keit

Das Wachstum bei Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen schwächte sich im zweiten Quartal deutlich ab.

mehr
© noppadon / AdobeStock

Regeln für nachhaltige Produkte: Kommt der System­wechsel?

BVI-Jahrbuch 2024 (S. 10-11)
 

mehr
© iStockphoto / FS-Stock

Finale Berichte zur Grünfärberei

Die EU-Behörden haben die finalen Berichte zur Grünfärberei in den jeweils beaufsichtigten Sektoren des Finanzmarktes veröffentlicht.

mehr
© lizenziert durch Canva

SFDR-Überprüfung: Erstes Meinungsbild

Die EU-Kommission hat eine Zusammenfassung der 324 Stellungnahmen zur Überprüfung der Offenlegungsverordnung veröffentlicht.

mehr
© istock / lightpoet

BVI zur Überprüfung der SFDR

Wir unterstützen die Einführung eines Klassifizierungssystems für nachhaltige Produkte. Unsere Stellungnahme zur Überprüfung der SFDR lesen Sie hier.

mehr
© flyalone / AdobeStocks

CSDDD: Finanzsektor
vorerst nicht erfasst

Das Investmentgeschäft fällt vorerst nicht unter die EU-Lieferkettenverordnung. Diese Entscheidung soll in einigen Jahren überprüft werden.

mehr
© gerasimov174 / AdobeStock

Neues zur EU-Taxonomie

Die EU-Kommission veröffentlicht zwei Bekanntmachungen zur Auslegung und Umsetzung der Taxonomie. Die ESMA sieht Defizite in den Berichtspraktiken.

mehr
© Kalawin / AdobeStock

Wie werden nach­haltige Produkte künftig klassi­fiziert?

Podcast-Episode 35 vom 30.10.2023.

 

mehr
© Adobe Stock / OneClic

Präferenz­­abfrage zu kompliziert

Eine Untersuchung der ESMA zeigt, dass Kunden mit den Kategorien der Nachhaltigkeitspräferenzen überfordert sind. Der BVI fordert eine Vereinfachung.

mehr
© ipopba / AdobeStock

Ist der Hype bei der Nachhaltig­keit vorbei?

Podcast Episode 33 vom 28.8.2023

 

 

mehr
© Adobe Stock / OneClic

EU legt Standards für
ESG-Reporting vor

Die finalen EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen sind nicht konsistent mit den Berichtspflichten nach der SFDR.

 

mehr
© Nuthawut / Adobe.stock.com

Stellungnahmen

6.9.2021

Nachhaltigkeit

BVI position on the IOSCO Consultation Report on ESG Ratings and Data Products Providers

herunterladen

26.8.2021

Nachhaltigkeit

Call for feedback on the Platform on Sustainable Finance’s draft report on social taxonomy

herunterladen

26.8.2021

Nachhaltigkeit

Call for feedback on the Platform on Sustainable Finance’s draft proposal for an extended taxonomy to support economic transition

herunterladen

Alle Stellungnahmen von A-Z

Mitgliederbereich

Combined Shape Created with Sketch.